Die Homotoxikologie oder die Lehre vom Kampf des menschlichen Körpers gegen Toxine ist eine Theorie, die vom homöopathischen Arzt Dr. Hans-Heinrich Reckeweg (1905 bis 1985) entwickelt wurde und bildet die Basis für eine Methode der Alternativmedizin.
1936 gründete Dr. Hans-Heinrich Reckeweg in Baden-Baden seinen bis heute noch existierenden Unternehmen, der „Biologische Heilmittel Heel“ heißt. In den 1940er Jahren formulierte er seine Theorie zur Homotoxikologie und veröffentlichte um die 1950 die Grundlagen der Homotoxikologie, die er als neuer Sicht auf Mensch, Organismus, Krankheit und Therapie bezeichnete. In der Homotoxikologie sah Reckeweg eine Verbindung von wissenschaftlicher Medizin und Homöopathie und hat sie deswegen auch als moderne Homöopathie genannt.
Aus seiner Sicht sind Krankheiten und die sie zum Ausdruck bringenden Symptome grundsätzlich auf Gifte zurückzuführen. Eine Krankheit ist demnach nichts anderes als eine körperliche Reaktion auf äußere oder innere Schadstoffe, die Homotoxine genannt werden. Dabei kann es sich der Theorie zufolge um Umweltgifte handeln, um Giftstoffe in der Nahrung oder auch um schädliche Stoffwechselprodukte (wie etwa bei Krebs).
Art und Schädlichkeit der Homotoxine hängen nach dieser Theorie von der Abwehrkraft und Regulationsfähigkeit des Organismus wie auch von der Art, der Reizstärke und Einwirkungsdauer des Toxins ab. Krankheit bezeichnete Reckeweg als Homotoxikose.
Nach Reckeweg’s Lehre ist ein menschlicher Organismus wie ein Fließsystem, in den ständig Stoffe hineinströmen, verändert werden und dann wieder ausströmen. Krankheit wird als Zeichen einer Auseinandersetzung des Körpers mit toxisch wirkenden Substanzen definiert. Der Körper will grundsätzlich schädliche Stoffe zunächst unschädlich machen und dann sie ausscheiden. Gelingt dies, bleibt er (Körper) gesund; gelingt dies nicht, erkrankt er. Nach dieser Theorie kommt es zu einer Krankheit dann, wenn die Belastung durch Giftstoffe im „Maschenwerk“ des Bindegewebes (Matrix) zu stark wird, so dass die Matrix verstopft und die Versorgung der Körperzellen dadurch behindert werden, was schließlich zur Blockierung wichtiger Körpervorgänge und zur Störung des Fließgleichgewichts im Organismus führen.
Wird der Körper bei seinen Abwehrmaßnahmen gegen Gifte gestört (zum Beispiel durch eine konventionelle Therapie oder die Einnahme von Medikamenten), kann es dann auch zu einer „Rückvergiftung“ des Körpers kommen.
Reckeweg definierte mehrere Homotoxine, wobei er acht verschiedene Sutoxine als entscheidend einstufte. Dabei soll es sich um verschiedene Giftstoffe handeln (welche z.B. das Schweinefleisch in großen Mengen enthalten kann. Zu den Sutoxinen zählte er u.a. auch Cholesterin, Wachstumshormone, Sexualhormone und das Grippevirus.
Die Reaktionen des menschlichen Organismus auf die Toxine bzw. auf die Giftstoffe können unterschiedlichen Verlauf und unterschiedliche Symptome haben. Allgemein teilte Reckeweg der Abwehrprozess des menschlichen Körpers gegen Homotoxine in sechs Phasen (die nicht zwangsläufig alle nacheinander ablaufen) ein. Das sind sie: Ausscheidungsphase (in der wird es versucht, die Noxe aus dem Körper loszuwerden – etwa über Schweiß, Urin, Galle, Stuhl), Phase der Entzündung (wie Akne, Arthritis), Phase beginnender Speicherung der Toxine (Verkalkungen, aber auch Warzen), Phase endgültiger Speicherung (die die Zellen krank macht), Phase dauerhafter Schädigung (Degeneration; Entstehung von Krankheiten wie Arthrose, Diabetes, Zirrhose), Phase bösartiger Veränderung. Der Übergang von einer Phase in die nächste – sowohl vorwärts (progressiv) als auch zurück (regressiv) – wird Vikariation genannt.
Bei der Behandlung der Homotoxikose muss zuerst die Giftzufuhr unterbrochen werden (etwa Nikotinabstinenz). Dann versucht man mit Hilfe der speziell hierzu entwickelten Präparaten (Antihomotoxika) die Entgiftung des Körpers zu unterstützen.
Weitere Ansatzpunkte der Therapie sind die Anregung von so genannten enzymatischen Entgiftungsprozessen in der Leber, die Anregung des Immunsystems, die Stimulation der so genannten Heilreflexe und die Beeinflussung der Hormonproduktion von Hypophyse und von Nebennieren.
Außerdem erhält der Organismus (je nach Phase) die fein dosierten Wirkstoffe als Heilreize zur Selbstregulation. Dazu genutzt werden Homöopathika (vor allem homöopathische Komplexpräparate, die aus fixen Kombinationen von verschiedenen homöopathischen Einzelkomponenten bestehen). Diese Präparate sollen Erkrankung zunächst in eine der ersten drei beschriebenen Abwehrphasen zurückführen.
Bei der Auswahl der Präparate folgt die Homotoxikologie dem homöopathischen Grundsatz, Ähnliches mit Ähnlichem zu behandeln. Demensprechend werden entweder Nosoden (aus körpereigenem Gewebe hergestellte Stoffe) oder speziell angefertigte homöopathische Kombipräparate angewendet (aus Organgewebe von Schweinen gewonnene, so genannte Suis-Organ-Präparate), die dem Patienten intramuskulär injiziert werden. Grundsätzlich wird von den Patienten auch gefordert, auf den Verzehr von Schweinefleisch zu verzichten.
Im Gegensatz zur klassischen Homöopathie wird in der Homotoxikologie krankheitsorientiert verordnet, ähnlich der Schulmedizin. Die Homotoxikologie wird deshalb auch als Brücke zwischen Schulmedizin und klassischer Homöopathie bezeichnet.
Am 24. Juni 1961 wurde in Deutschland (in Baden-Baden) die Internationale Gesellschaft für Homotoxikologie gegründet, die sich seitdem um die Verbreitung der Theorie von Toxikologie und um die darauf basierende Therapie bemüht.
Die Homotoxikologie wird von ihren Vertretern als Weiterentwicklung der Homöopathie bezeichnet, allerdings kennt sie keine monokausalen Erklärungen für Krankheiten und vertritt einen ganzheitlichen Ansatz.
Leider entsprechen die Reckeweg‘s Grundannahmen auch nicht den Erkenntnissen der wissenschaftlichen Medizin und es gibt immer noch keine unabhängigen Studien, die die Wirksamkeit dieser Therapie belegen können. Auch für die Existenz von Sutoxinen gibt es keine wissenschaftlichen Belege.
Reckeweg‘s Aussage, dass "unter dem Einfluss der üblichen Medikamente könnten aus Viren sogenannte vagabundierende, krebsauslösende Gene entstehen" ist bis heute immer noch von niemandem belegt worden.
Wissenschaftliche Erkenntnisse und unabhängige Studien, die die Wirksamkeit der Therapie belegen, existieren leider nicht. Dementsprechend werden Leistungen der Homotoxikologie von den gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland nicht vergütet.